Und hier ein deutsche interview:
Drive By Wire haben vor kurzem ihr Debut-Album veröffentlicht. Rauher, gefühlvoller Heavy Rock trifft dabei auf groovy Rock'n'Roll. Es wird Zeit, mehr über die Band und die Menschen dahinter zu erfahren, dachten wir uns und haben Sängerin Simone und Gitarrist Alwin kurzerhand am Telefon ausgequetscht.
Hey Simone, erstmal Gratulation zu eurem Album! Es ist ja nun schon eine Zeit lang auf dem Markt. Was für Reaktionen habt ihr denn bislang so bekommen?
Simone: Danke, ich muss sagen, das bisherige Feedback ist sehr gut ausgefallen. Unser Album ist vor einem guten Monat erschienen – leider bislang nur in Holland – und wir haben durchweg positive Reaktionen bekommen, was uns natürlich sehr freut.
Und was geht dir selbst durch den Kopf, wenn du eure CD hörst? Ist das ein tolles Gefühl, oder auch ein bisschen seltsam?
S.: Es ist ein gutes Gefühl! Aber es ist schwierig, sich wirklich voll und ganz der Musik hinzugeben, weil sie für uns mit so vielen Erfahrungen verknüpft ist: Ich denke dann eben an die Zeit, in der wir die Platte aufgenommen haben, und wie wir das alles erlebt haben. Und außerdem ist man natürlich etwas kritisch und fragt sich, was man besser hätte machen können. Das ist wohl insgesamt eine recht technische Sichtweise. Auf der anderen Seite hören wir uns das Album oft an, und das ist schon ein gutes Zeichen, denke ich!
Ja, klar! Immerhin hört man ja immer wieder, dass Leute sich ihre eigenen Aufnahmen nur ungern anhören.
S.: Ja, ich habe auch vor Drive By Wire einige Alben veröffentlicht und kann sie mir heute auch nicht mehr anhören. Wenn zum Beispiel jemand auf einer Party etwas von mir aufgelegt hat, habe ich früher sofort die Flucht ergriffen. Mit unserer neuen Platte ist das anders. Ich weiß selbst nicht, warum, aber dieses Album zu hören macht Spaß und ist einfach ein verdammt gutes Gefühl.
Euer Sound ist ja sehr einzigartig und passt vorn und hinten nicht in die gängigen Schubladen. Ihr habt dafür eine coole, aber etwas abstrakte Beschreibung auf eurer Homepage – aber wie würdest du den Sound von Drive By Wire in deinen eigenen Worten beschreiben?
S.: Das ist wirklich nicht ganz einfach. Ich denke, Heavy Rock trifft es am besten, dreckig und bluesy, um genau zu sein. Manche haben unsere Musik auch als „Drone Rock“ bezeichnet, weil sich bis zu einem gewissen Grad viele Teile wiederholen und sie aufs Wesentliche reduziert ist. Auch der Begriff Stoner Rock ist oft gefallen, aber ich denke, unser Sound geht ziemlich stark über die Grenzen dieses Begriffs hinaus. Was wir machen, ist zumindest relaxter als Stoner Rock, und zudem sind in diesem Genre männliche Vocals an der Tagesordnung – noch ein Unterschied zu Drive By Wire.
Erzähl doch mal kurz etwas über die Geschichte von Drive By Wire! Wann und wie hat alles angefangen?
S.: Alwin und ich haben die Band vor etwa einem Jahr ins Leben gerufen. Wir sind der Kern, sozusagen das Herz von Drive By Wire. Zuerst haben wir zusammen gejammt und uns an ersten eigenen Songs versucht. Nach wenigen Monaten hatten wir schon eine ganze Menge Lieder geschrieben. Geprobt haben wir damals in einem kleinen Kellerraum. Nach einer Weile beschlossen wir, dass wir einen Drummer brauchen, und so fragten wir dann Hans [Rutten; The Gathering]. Er und der Rest von The Gathering sind alte Freunde von uns, und er hat sofort eingewilligt. Ebenso haben wir uns überlegt, ob wir nicht eigentlich auch einen Bassisten brauchen, weil das ja nun mal so „üblich“ ist. Aber durch unser monatelanges Proben hatte sich von ganz alleine eingestellt, dass Alwin meistens die tieferen Passagen und ich die höheren Teile auf der Gitarre spiele und dadurch ein recht vielschichtiger und differenzierter Sound entstanden ist. Gerade die Drums profitieren davon enorm; ihnen gehört der gesamte Low-End Bereich, ohne mit dem Bass in die Quere zu kommen.Einmal haben wir mit Marjolein Koojman [Bassistin von The Gathering] geprobt, es war natürlich sehr gut, aber wir fanden, dass es sich ungewohnt anhörte. Daher haben wir beschlossen, vorerst keinen Bass in der Band zu haben, was auch eben unsere Besonderheit ist.
Um noch mal auf deine anderen Bands zu sprechen zu kommen: Gibt es die noch, oder ist Drive By Wire mittlerweile dein einziges Projekt?
S.: Nein, die anderen Bands existieren nicht mehr, ich konzentriere mich zur Zeit hundertprozentig auf Drive by Wire.
Wann hast du eigentlich angefangen, Musik zu machen?
S.: Oh, das ist schon ganz schön lange her. Angefangen hat alles mit einer Band namens Cords. Wir haben damals in Deutschland Gigs gespielt, weil unsere Platten auf SPV erschienen und wir so an eine Art Deutschlandtour gekommen sind.
Kannst du denn ungefähr absehen, ob und wann eure CD auch in Deutschland erhältlich sein wird?
S.: Nein, leider nicht. Dass unsere CD in Deutschland noch nicht erschienen ist, liegt daran, dass es im Moment nicht gerade einfach zu sein scheint, an einen Vertrieb oder Label zu kommen.
Wird Hans Rutten auch Konzerte mit Euch spielen?
S.: Hans hat natürlich mit The Gathering genug zu tun. Sicher den einen oder anderen Gig will ich nicht ausschließen, aber live wird uns grundsätzlich Rob Snijders unterstützen. Er ist der Mann von Anneke und hat vorher u.a. bei Kong gespielt. Es sieht so aus, als ob er fest bei uns einsteigt.
Ist die Musikszene in den Niederlanden eigentlich eher klein und familiär oder ist eure Freundschaft zu The Gathering bloßer Zufall?
S.: Das ist eher Zufall. Wir kommen aus der gleichen Gegend und wir haben schon mit meinen alten Bands Telefunk und Cords ein paar Shows mit ihnen gespielt. Seitdem sind wir gut befreundet. Die meisten Musiker machen im Prinzip ihr eigenes Ding; es liegt an einem selbst ob man in dem Business viele Freunde haben kann und will.
Jetzt gibt Simone auch einmal Alwin Gelegenheit, ein paar Worte zu sagen. Auch hier klingt ein freundliches „Guten Abend!“ aus dem Hörer.
Sag mal Alwin, mich würden insbesondere deine Einflüsse interessieren und welche Musik du so privat hörst.
A.: Also, ich stehe auf Musik aus den 70er Jahren. The Stooges und Black Sabbath zum Beispiel. An modernen Sachen finde ich Kyuss oder Queens Of The Stoneage ziemlich gut. Ich habe mir übrigens deren letzte Live DVD gekauft. Ansonsten muss ich noch „The John Spencer Blues Explosion“ erwähnen. Sehr coole Musik.
Bei der Frage nach den Lyrics hat mich Alwin wieder ganz schnell an Simone übergeben.
S.: Haha, da bin ich wieder. Ja, ich schreibe die Lyrics, daher kann ich natürlich besser etwas dazu sagen. Im wesentlichen schreibe ich über persönliche Erfahrungen. Ich denke, dass auf der Platte das Grundlegende Thema war, dass man nach einer Zeit der Trauer auch wieder auf die Füße kommen wird, optimistisch nach vorne sieht und diese Zeit hinter sich lassen kann. Ich habe selbst eine solche harte Zeit hinter mir; ich musste mit dem Verlust eines geliebten Menschen fertig werden, aber wie gesagt habe ich es geschafft, mich aufzuraffen und mit einem guten Gefühl nach vorne zu schauen. Daher kann ich nur jedem raten, sein Leben heute auszukosten, das zu machen, was man immer machen wollte, vielleicht wird es ja kein Morgen geben. Darum geht es insbesondere in dem Song „Morning May Never Come“.
Dieser Song ist auch eines meiner Lieblingsstücke auf der CD. Wie sehen denn Eure Zukunftspläne aus - werdet ihr viel auf Tour sein, vielleicht auch hier in Deutschland?
A.: Also, zunächst stehen einige Sommerfestivals auf dem Programm. Darunter ist auch ein Open-Air-Festival, bei dem wir auf einem Boot auf einem Fluss spielen werden. Das wird auf alle Fälle etwas ganz besonderes. Außerdem planen wir derzeit eine Tour durch England – keine große, aber vier oder fünf Shows werden wir dort spielen. Wir würden natürlich auch gern in Deutschland ein paar Gigs spielen, aber etwas konkretes ist leider noch nicht geplant.
Habt ihr euer Album denn in England veröffentlicht, oder wie ist es zu den Auftritten dort gekommen?
A.: Nein, unser Album ist auch dort nicht erschienen. Die ganze Geschichte ist ziemlich lustig: Jemand aus England hat unser Album bestellt und es hat ihm so gut gefallen, dass er uns unbedingt auch live sehen wollte. Er konnte aber nicht zu unseren Shows nach Holland kommen, und so hat er kurzerhand welche in England organisiert. [lacht] Wirklich klasse, so einen hingebungsvollen Fan zu haben! Er hat ganz gute Connections zu einigen Veranstaltern, was dabei natürlich sehr geholfen hat. Es ist echt cool, dass ein Fan Auftritte für uns organisieren kann, und wir sind wirklich froh, dass das alles geklappt hat! Es wäre natürlich auch toll, ein paar Konzerte in Deutschland zu spielen. Mal schauen, ob sich da noch irgendwas ergibt!
Ja, das wäre wirklich toll, wir drücken die Daumen! Ihr hattet ja ursprünglich auch geplant, mit The Gathering zu touren, aber die Shows mussten größtenteils abgesagt werden. Wolltet ihr auch auf den deutschen Konzerten spielen?
A.: Nicht dass ich wüsste... Es war nur für Holland geplant, aber sie mussten die Tour leider abbrechen, und ich bin nicht ganz sicher, wie, ob und wann das alles nachgeholt werden kann. Es wäre aber natürlich cool, sie auch nach Deutschland zu begleiten. Wir sollten sie mal fragen, vielleicht nehmen sie uns ja mit. [lacht] Einige Konzerte und Festivals werden aber ohnehin in der Nähe der deutsch-holländischen Grenze stattfinden, wer also grenznah wohnt, kann auch einfach nach Holland kommen! Wir spielen zum Beispiel in Elsloo, auch Limburg ist in der Nähe der Grenze, genau wie Diepenheim.
Wirklich schade, dass euer Album hier noch nicht auf dem Markt ist!
A.: Ja, das ist eben dieses Problem mit dem Vertrieb. Ich hoffe, dass sich da noch etwas ergibt und wir vielleicht auch einen Vertrag mit einem Label bekommen, so dass unser Album auch in anderen Ländern erscheint. Wer das Album bestellen will, kann das natürlich einfach über unsere Homepage
http://www.drivebywire.nl tun. Genau so sind auch die Leute in England auf uns aufmerksam geworden, auch in die USA haben wir ein paar Platten verschickt, oder Frankreich. Sogar in Mexiko haben Menschen unser Album bestellt, also quasi aus der ganzen Welt. Dennoch würde uns ein richtiger Vertrieb natürlich eine ganze Menge Aufmerksamkeit bringen. So müssen die Leute von sich aus auf uns zu kommen. Aber das hat auch was – just do it yourself. Das ist eben Punk! [lacht]
Kannst du noch mal kurz sagen, was es mit diesem Festival auf sich hat, das du da gerade erwähnt hast?
A.: Das findet in unserer Heimatstadt Deventer statt. Es ist ein riesiges Festival mitten in der Stadt. Also, kein reines Musikfestival, sondern eher ein kulturelles Event: Genauergesagt ist es der größte Buchmarkt Europas. Dort werden viele Künstler aus Deventer auftreten. Wir spielen als letzte Band, sind also Headliner, und unsere Bühne ist auf einem Boot auf dem Fluss aufgebaut. Das muss eine tolle Atmosphäre sein.
Hast du eigentlich auch in anderen Bands gespielt, ehe ihr DBW gegründet habt?
A.: Nein, jedenfalls nicht ernsthaft. Ich habe zwar schon vorher hobbymäßig Musik gemacht, auch in kleineren Bands, aber Drive By Wire ist für mich das erste „richtige“ Bandprojekt.
Würdest du sagen, DBW ist eine Liveband, die quasi auf der Bühne zu Hause ist?
A.: Ja, das würde ich auf jeden Fall sagen, schließlich ist die Art Musik, die wir machen, sehr rauh und kommt live daher einfach am besten. Die Aufnahmen für unser Album waren übrigens ebenfalls live: Wir haben es in einer Halle aufgenommen, wo auch ein Studio integriert ist. Also haben wir die Songs live gespielt und die Mikros waren von der Bühne aus mit dem Studio verbunden. Zwar war kein Publikum anwesend, aber so haben wir dieses ganz spezielle Feeling von Liveauftritten auf unser Album übertragen können. Unsere Musik ist definitiv dafür gemacht, auf der Bühne gespielt zu werden!
Habt ihr denn das selbe Line-Up bei Liveauftritten?
A.: Naja, wie Simone gesagt hat, haben ja mit Rob Snijders noch einen weiteren Drummer in petto. Wir drei bilden den Kern der Band. Es kommt aber auch hin und wieder vor, dass wir mit Leuten von The Gathering zusammen performen, oder der Gitarrist von Cords uns auf der Bühne unterstützt. Im Grunde genommen ist kein Auftritt wie der andere: Manchmal spielen nur wir drei, und manchmal kommen noch Freunde von uns dazu.
Hört sich gut an! So, von unserer Seite wäre es das dann auch – aber die letzten Worte gehören natürlich euch!
A.: Also, wir hoffen, dass wir demnächst ganz viele Konzerte spielen und eine Menge nette Leute auf unseren Gigs treffen werden! Außerdem haben wir’s auf die musikalische Weltherrschaft abgesehen. Naja, oder auch nicht...
...wir werden sehen!
A.: Richtig, man kann nie wissen! Aber eigentlich geht es und nur darum, möglichst viel zu spielen, Leute zu treffen und vor allem eine verdammt gute Zeit zu haben! Das ist auch die Grundidee der Band: Wir wollen zusammen Musik machen, Spaß haben und die Zeit genießen. Als wir mit DBW angefangen haben, haben wir gar nicht an solche Sachen wie „Wir gründen jetzt eine Band und müssen alles so professionell wie möglich machen“ gedacht. Klar wäre es toll, wenn wir nicht mehr zu arbeiten bräuchten und von der Musik leben könnten, aber das war weder unser Ziel noch der Anspruch, den wir an DBW hatten. Musik machen, Spaß haben, kreativ sein – das ist es. Von dem Tag an, wo wir keinen Spaß mehr an dem haben, was wir hier tun, wird es DBW nicht mehr geben. Aber momentan geht es uns verdammt gut damit, also wird das nicht so schnell passieren! Jetzt gebe ich dir aber noch mal Simone, sie hat bestimmt auch noch ein paar letzte Worte!
S.: Das ist wirklich eine lustige Art, interviewt zu werden! Was das Schlusswort angeht – ich denke, Alwin hat schon das wichtigste gesagt. Aber eine kleine Lebensphilosophie zum Schluss möchte ich trotzdem noch loswerden: Wir wollen das beste aus unserem Leben herausholen und mitnehmen, was wir kriegen können. So nähern wir uns auch unserer Musik, und genau das wollen wir auch denen vermitteln, die sie hören. That’s it!
Vielen Dank für das Interview, es hat sehr viel Spaß gemacht, mit euch zu reden! Alles Gute für die Zukunft!
S.: Danke, und bis bald!